Zu Annas Tux

Anna ist Theiresias Laptorin. Ihr derzeitiges Betriebssystem heißt "Microsoft Windows XP". Obwohl erst zwei Jahre jung, teilt Anna das Schicksal sehr vieler Computer: Das neueste System von KleinWeich verträgt sie nicht. Außerdem sieht der blinde Seher nicht ein, warum er Transparenz, 3D und tralala braucht. Theiresias Plan: Anna soll sich mit einem Pinguin anfreunden. Wie Theiresias und Anna dieses Vorhaben ge- bzw. misslingt, erfahren Sie in dieser kleinen Kolumne.

Montag, 4. Juni 2007

Alle meine Tiere

Es gibt schon wirklich süße Tiere. Nein keine Angst, dieser Beitrag handelt nicht über Knut. Programmierer sind auch nur Menschen, also lieben sie süße Tiere. Was süß ist, ist im wahrsten Sinne des Wortes Geschmackssache.
Pinguine zum Beispiel, die sind süß. Jedenfalls solange, bis sie einen beißen. Das passierte dem Linuxerfinder. Trotzdem sorgte seine Frau dafür, dass das Linux-Maskottchen ein Pinguin wurde (nachzulesen in seinem biographischen Bericht "Just for fun.").
Viele Menschen lieben es mit einem Feuerfuchs durchs Netz zu surfen. Naja, was süß ist, ist Geschmackssache. Die neuste Linuxdistribution von Ubuntu trägt den seltsamen Titel "lebhaftes Rehkitz (feisty fawn)". Wer sich in der Softwarewelt auskennen will, lernt Tiere mit Eigenschaften kennen, die ihm so vorher auch nicht eingefallen wären.

Hier wird heute über Delphine Waale und Schlangen zu reden sein. Warum? Ganz einfach, sie sind die Namensgeber bedeutender oder kommender Bildschirmleseprogramm (Screenreader). Ein solches Programm behält für einen sehschwachen oder blinden Benutzer den Überblick auf dem Bildschirm - oder sollte ihn behalten. Dabei gibt es die Dinge, die von Interesse sind über Sprachausgabe, ein Braillezeile oder stark vergrößert aus. Auch eine Kombination aus allen Varianten ist denkbar.
Der Marktführer ist die amerikanische Firma Delphin. Sie überschwemmt den Markt mit einem - zugegeben - relativ leistungsfähigen Produkt, das die meisten blinden Windowsuser einsetzen.

Orca-Logo

Da wollte sich die freie Softwareszene wohl nicht lumpen lassen, als sie den Namen für den kommenden Linux-Screenreader ersann. Gleichzeitig formulierten sie eine Kampfansage an Delphin: Soll der Schwertwal (Orca) den Windows-Delphin verspeisen? Wohl kaum. Dezeit kriegt er nicht mal die Schwanzflosse hoch. Installiert man sich den Screenreader für die graphische Benutzeroberfläche Gnome, passiert nach dem Programmaufruf so gut wie gar nichts. Der Meereskiller brabbelt drei unverständliche Worte und schweigt sich danach aus. Wir gestehen zu: Orca ist noch in der Entwicklung. Sollte man dann aber nicht erst einen filigraneren Namen wählen?

Den Vogel gänzlich abgeschossen hat aber die Baum-Firmengruppe. Die entwickeln einen Screenreader für Windows Vista, der vermutlich im Herbst auf den Markt kommen soll. Kobra soll das Baby heißen. Na prima, manche Windowsbenutzer glauben eh schon, dass ihnen ihr Betriebssystem den Rechner verseuche. Jetzt sollen sie auch noch eine Giftschlange installieren.
Aber nein, versichern die Leute der Baum Firmanegruppe. Der Slogan laute "Kobra, übernehmen Sie." Toll, den Titel einer Fernsehserie würde ich auch einem Produkt für überwiegend blinde Menschen aufdrücken. Und jetzt, werteR LeserIn, machen sie sich bitte die Mühe und schauen den Originaltitel dieser amerikanischen Serie z.B. bei Wikipedia nach...
Wer so wirbt, ist meiner Meinung nach ein Fall für den Insolvenzverwalter. Prost Mahlzeit!

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