Welcher Hund mich damals ritt, unbedingt ein zweites Betriebssystem auszuprobieren, kann ich wirklich nicht mehr sagen. Ich vermute, der Pausenhof spielte ende der 90er Jahre eine entscheidende Rolle. Die Freaks in meiner Umgebung sprachen damals immer von diesem ominösen Betriebssystem, das doch so viel mehr könne ... Suse war damals auch einfach angesagt. Nunja, man saugte sich auch nicht einfach ein CD-Image aus dem Netz, das hätte dann mit einer ISDN-Verbindung doch etwas länger gedauert. Ich wollte es wissen und bestellte für damals rund 100 DM die Suse 6.4. Ein sehr guter Freund hatte bereits zugesagt, mich bei meinen "Forschungen" zu unterstützen.
Die harten Fakten:
- Ein Pentium III mit 450 Mhz, 128 MB Ram und 10 GB Festplatte (der Alte Sack läuft heute noch)
- Die Verbindung zur Außenwelt: Ein ISDN-Kanal
- Bisheriges OS: Windows 98
Der Angstfaktor:
Damit Linux überhaupt installiert werden kann, muss man seine Festplatte aufteilen (partitionieren), so dass Linux und Windows ihre eigenen Bereiche auf der Festplatte haben. Im Endeffekt läft das so, dass man am Ende ein Stück abschneidet, wir entschieden uns für die Hälfte luden uns irgend ein fragwürdiges Programm aus dem Netz und begannen mit dem schnippeln. Ich war sehr erleichtert, nachdem der Rechner danach noch hochfuhr.
Danach legten wir CD 1 ein und installierten lustig vor uns hin. Unsere Methode:
Erledige das, was Du verstehst gewissenhaft und das was du nicht verstehst ... Risiko gehört zum Spiel! Nein benutzerfreundlich war das Ganze damals wirklich nicht. Alle Beschreibungen waren technokratisch, unverständlich oder nicht vorhanden. Da half es auch nichts, dass die Macher des Nürnberger Windows (wie Suse heute boshaft genannt wird) ihr Setuptool YAST 2 (yet another setup tool) in den siebenten Himmel lobten. Von der heutigen Warte aus betrachtet: Es war der letzte Dreck.
Der Weg ins Netz
war steinig, was auch damit zusammenhing, dass ich die allerletzte ISDN-Karte verwendete, die es damals gab: Teledat 100 (von der Telekom vertrieben). Allerdings muss man sagen: Auch die läuft heute immer noch. Ein Treiber war schnell gefunden, um ihn dann aber ans Laufen zu kriegen, mussten wir uns einen eigenen Kernel kompilieren.
WerteR LeserIn, wenn Du jetzt nur noch Bahnhof verstehst, gräme Dich nicht. Wir wussten damals auch nicht so wirklich, was wir taten. Im wesentlichen geht es darum dem Betriebssystem beizubringen, mit bestimmten Geräten im Computer zu arbeiten. Medizinisch gesprochen: Operation am offenen Herz. Wir wälzten zwei Bücher, wussten ungefähr worum es ging, mein Freund griff in die Tasten, ich suchte den ein oder anderen Befehl, eine Erklärung für unverständliche Systemmeldungen ... letztendlich überlebte der Patient und ... wir waren online. Und ganz wichtig: Diese Aktion verschafft uns heute noch den Respekt gewisser Leute.
Der normale Betrieb
lief eigentlich sehr gut. Textverarbeitung, im Netz umherschiffen etc. problemlos. Nur ausdrucken durfte man seine Erzeugnisse nicht wollen. Obwohl es nun wirklich kein Noname-Drucker war, ließ er sich nicht erweichen.
Try and destroy
Solche Zustände waren natürlich unhaltbar. Ich wollte sie beheben. Dabei las ich immer weniger in den schlauen Büchern und probierte immer mehr aus. Irgendwann nahm ich mir Auflösung und Bildwiederholfrequenz vor. Das war das Ende der graphischen Benutzeroberfläche und auch meiner Bemühungen. Allerdings ohne Frust. Trotzdem beschloss ich den Pinguin vorerst zu begraben, um die 5 GB anderweilig nutzen zu können. Ein paar Befehle an das Programm "fdisk" schickten ihn in die ewigen Jagdgründe.
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